Gegen blinde Flecken — Malcolm Ohanwe

Irgendwo zwischen Qualitätsjournalismus und Boulevardtrash, zwischen Politik und Popkultur – inmitten dieser Pole verortet sich Malcolm Ohanwe. Der Journalist macht Perspektiven sichtbar, damit endlich alle öffentlich mitreden.
6. September 2022
1 Minute Lesezeit
Text: Demba Sanoh — Foto: Benjamin Jenak

Als Journalist arbeitet Malcolm Ohanwe für die ARD und den Spiegel. In seinem Podcast „Kanackische Welle“ bespricht er Themen, die woanders schwierig zu platzieren wären. Es geht um kritisches Weißsein oder Racial Profiling. Der Münchner kritisiert auch bayerische Behörden – allen voran die Polizei: „Der Deutsche ist immer weiß, so scheint das Verständnis mancher zu sein. Einige Polizeikräfte sprechen von ‚Ausländern‘, wenn sie Schwarze Deutsche kontrollieren.“ Doch auch in der Community sieht er blinde Flecken. „Der Standard ist oft: Weiße, alleinerziehende Mutter, Schwarzer Vater. Ergo: komplett ‚weiß‘ aufgewachsen.“ 

Wie schmerzhaft es sein kann, zwischen den Stühlen zu sitzen, ist ihm bewusst. Ohanwe macht genauso deutlich, dass eine weiße Sozialisation Zugang zu weißen Strukturen schafft, der anderen verwehrt bleibt: „Und diese Menschen haben die Chance, explizit migrantisch aufgewachsene Schwarze Leute sichtbarer zu machen. Denn viele definieren das Schwarz-Sein allein über die Hautfarbe, aber jemand der Schwarze, nicht-deutsche Eltern hat, ist anders sozialisiert.“ Ohanwe fordert mehr Austausch: „Schwarze Menschen in Deutschland haben etliche Identitäten: Afro-Deutsch, Ghanaisch, Schwarz Kenianisch und/oder Deutsch – da ist alles dabei und alle sollten mitreden.“

Nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd in den USA gingen auch in Deutschland Zehntausende auf die Straßen, um gegen Rassismus zu protestieren. Mit Black Lives Matter haben sich Schwarze Menschen ihr ganz eigenes Podium errichtet, um Erfahrungen und Probleme mit der großen Öffentlichkeit zu teilen. Gesprochen haben sie auch schon davor, nur hat die weiße Mehrheit eben nur selten zugehört. Schwarze Menschen bleiben meist unsichtbar und haben mit Anfeindungen zu kämpfen. Also mischen sie sich ein, um endlich mitbestimmen und in einer anderen, vor allem offeneren Gesellschaft leben zu können.

Dieser Text erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe des Veto Magazins: www.veto-mag.de/shop. Unsere Botschaft an alle Gleichgesinnten: Ihr seid nicht allein!

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Privilegien-Check — Clarissa Fahrenholz

Auf Instagram beschreibt Clarissa Fahrenholz Schwarze Realitäten. Ihren Account sieht sie als öffentliches Tagebuch, um zu dokumentieren, wie es sich anfühlt, als Schwarze Person in Räumen voller weißer Menschen zu existieren.

Pionierin — Katharina Oguntoye

Katharina Oguntoye verbindet Kunst, Aktivismus und Generationen. Ihr Zuhause erinnert an die Geschichte des Empowerments afrodeutscher Identität. Ein Blick auf ihr Lebenswerk und den unermüdlichen Einsatz für die Schwarze Community.

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Widerstand — Ost-Wahlen

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Mehr als zwölf Millionen Menschen in Deutschland besitzen keinen deutschen Pass. Einbürgerungsverfahren dauern lange oder kommen oft gar nicht zustande. Miman Jasarovski geht mit seinem Bündnis gegen bürokratische Hürden vor.

Journalismus mit Haltung

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Mediale Aufmerksamkeit aber bekommen ihre mutigen Ideen nur selten. Das muss sich ändern – und Aktivismus endlich raus aus der Nische! Die Aktiven brauchen vor eine starke Stimme und Wertschätzung für ihre Arbeit. Mit Veto machen wir Engagement sichtbar und zeigen denen, die finden, dass es nun höchste Zeit ist, sich einzumischen, wie es gehen kann. Unsere Botschaft an alle Gleichgesinnten da draußen: Ihr seid nicht allein!

Mit Print gescheitert?

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Aber – und das ist entscheidend: Es ist keinesfalls das Ende von Veto, sondern der Beginn von etwas Neuem. Denn in Zeiten multipler Krisen wird Veto dringend gebraucht. Um Hoffnung zu geben, zu verbinden, zu empowern und zu motivieren. Deshalb machen wir alle Recherchen und Porträts kostenfrei zugänglich. Denn: Der Zugang zu Informationen über Aktivismus und Engagement darf keinesfalls davon abhängen, was am Ende des Monats übrig ist.

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