Druck machen — Charlotte Nzimiro

Wer sich gegen Rassismus stellen will, kann das allein mit ein paar Mausklicks, sagt Charlotte Nzimiro. Die Onlineaktivistin hat dafür selbst gesorgt: Aus Wut initiiert sie eine Petition, damit der Druck auf Politik und Gesellschaft wächst.
6. September 2022
1 Minute Lesezeit
Text: Demba Sanoh — Foto: Benjamin Jenak

Als 2019 ein deutsches Gericht entschied, dass das N-Wort nicht grundsätzlich abwertend gemeint sei, da reichte es Charlotte Nzimiro endgültig: „Wenn weiße Menschen dieses Wort in den Mund nehmen, dann ist das Gewalt, die sie Schwarzen antun.“ Die Hamburgerin startete daraufhin eine Petition, die eine rechtliche Einordnung des Begriffs als rassistisch fordert. Denn Sprache schafft Realität, bemerkt sie. Nzimiro ist sich der Macht von Worten bewusst. Weiße Menschen, die das ignorieren und die Tragweite ihrer rassistischen Sprache ausblenden, ärgern sie besonders: „Diesen Menschen fehlt einfach die Empathie.“

Über ihre Instagram-Seite „Black Power Germany“, der heute mehr als 10 000 Menschen folgen, betreibt sie trotzdem und frei zugänglich Aufklärungsarbeit, auch wenn der Kanal vor allem dazu dienen soll, Schwarzen Menschen die passenden Instrumente für kräftezehrende Diskussionen über Rassismus an die Hand zu geben. Arbeit, die im Zuge der weltweiten Black Lives Matter-Demonstrationen Früchte zu tragen scheint: „In Deutschland wurde noch nie soviel über anti-schwarzen Rassismus gesprochen. Früher hatte ich nicht viel Hoffnung“, sagt Nzimiro, „sondern eher das Gefühl, dass sich frühestens in zehn Generationen etwas ändert. Heute denke ich, dass es vielleicht sogar schon in fünf soweit sein könnte.“

Nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd in den USA gingen auch in Deutschland Zehntausende auf die Straßen, um gegen Rassismus zu protestieren. Mit Black Lives Matter haben sich Schwarze Menschen ihr ganz eigenes Podium errichtet, um Erfahrungen und Probleme mit der großen Öffentlichkeit zu teilen. Gesprochen haben sie auch schon davor, nur hat die weiße Mehrheit eben nur selten zugehört. Schwarze Menschen bleiben meist unsichtbar und haben mit Anfeindungen zu kämpfen. Also mischen sie sich ein, um endlich mitbestimmen und in einer anderen, vor allem offeneren Gesellschaft leben zu können.

Dieser Text erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe des Veto Magazins: www.veto-mag.de/shop. Unsere Botschaft an alle Gleichgesinnten: Ihr seid nicht allein!

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